
Privatanschlussbahn der Basaltgewerkschaft Honnef
Bereits seit 1879 wurde in den Steinbrüchen Himberg und Dachsberg eine Schmalspurbahn mit 785 mm Spurweite eingesetzt, die zunächst die Steinbrüche miteinander verband und später durch das Schmelztal bis vor die Stadtgrenzen von Honnef führte. Die letzten Kilometer bis zum Rhein mussten allerdings weiterhin mit Pferdekarren zurückgelegt werden, da die Gemeinde Honnef eine Durchfahrt durch den Ort untersagte und auch den Einsatz der in den Steinbrüchen bereits seit 1879 genutzten Dampflokomotiven verbot.
Mit der Einweihung der Pleistalstrecke bis Rostingen durch die Brölthaler Eisenbahn AG (ab 1921 Rhein-Sieg Eisenbahn AG) bot sich im Jahr 1902 die Möglichkeit, die Steinbrüche an das BTE/RSE Netz anzuschließen und somit einen besseren Transportweg und auch neue Absatzmärkte durch die zusätzliche Anbindung an die Staatsbahn zu erschließen. Ende Dezember 1904 wurde schließlich die Genehmigung zum Bau einer Anschlussbahn von Rostingen, vorbei an Gratzfeld, Wülscheid und Orscheid, zum bereits bestehenden Verladebahnhof in Rottbitze erteilt. Nur etwa 10 Monate später, am 21. November 1905, konnte die 5,15 Kilometer lange Anschlussbahn dem Betrieb übergeben werden. Für den Betrieb dieser Strecke beschaffte die Basaltgewerkschaft Honnef bei der Lokomotivfabrik Arnold Jung eine 120 PS starke Dampflok, die nahezu baugleich zu den Dampflokomotiven 5-13 der BTE/RSE war. Die als Jung 1002 im November 1906 abgelieferte Maschine war fortan für den Streckendienst verantwortlich und brachte die BTE Wagen vom Anschlussbahnhof Rostingen zur Verladestelle Rottbitze, wo die kleinere Steinbruch-Dampflok „Wilhelm“ (Jung 223/1895) den Verschub in die Steinbrüche besorgte. Die Lokomotiven der Anschlussbahn besaßen dafür die bei der Brölthaler Eisenbahn üblichen Zug- und Stoßeinrichtungen mit Mittelpuffern
Neuer Eigentümer, neue Lokomotive
Mit Jahresbeginn 1914 wurde die Basaltgewerkschaft Honnef von der Basalt AG Linz (BAG) übernommen. Unmittelbar nach der Übernahme wurde bei der renommierten Lokomotivfabrik Orenstein & Koppel (O&K) der Bau einer neuen Dampflokomotive für die Anschlussbahn angefragt. Der gesamte Schriftverkehr ist gezeichnet von großem Zeitdruck, denn der bisherigen Stammlok, Jung 1002, stand eine aufwändige Revision bevor, sodass man dringend einen Ersatz für den Streckendienst brauchte.
Die Anforderungen der BAG waren durchaus als anspruchsvoll zu betrachten. Neben dem Einsatz auf der eben beschriebenen Anschlussbahn Rostingen sollte die Lok auch für einen Einsatz auf der Linzer Talbahn geeignet sein. Dies erforderte neben der Einhaltung des engen Lichtraumprofils auch das Befahren von Bögen bis 19 m Radius und sowohl die Möglichkeit der Verwendung der BTE-/RSE-Mittelpuffer als auch des Tausches dieser Puffer gegen die auf der Linzer Talbahn verwendeten Doppelpuffer . Außerdem sollte ein Dienstgewicht von 19,2 Tonnen nicht überschritten werden und der Tunnel unter dem Kirchhof der evangelischen Kirche in Linz limitierte die Breite der Lok auf 2000 mm.
O&K unterbreitete am 12. Februar 1914 einen Projektentwurf für eine dreiachsige Lokomotive. Das Fahrwerk war äußert komplex ausgeführt, um den hohen Anforderungen des Auftraggebers Rechnung zu tragen. Die erste und dritte Achse des Fahrwerks war als Klien-Lindner Hohlachse ausgeführt, die sich durch ihre Bauform gut den engen Bögen anpassen konnten. Um den Bogenlauf auch bis 19 m Radien zu gewährleisten, wurde die mittlere Achse ebenfalls seitenverschiebbar ausgeführt. Dadurch ergab sich, dass die Lok keinen festen Achsstand hatte. O&K versprach der BAG eine „in jeder Hinsicht ruhige Fahrt“, was allerdings ernsthaft in Frage gestellt werden darf. Zu einem unbekannten Zeitpunkt (vmtl. 1921) wurden die beiden Klien-Lindner Hohlachsen durch starre Radsätze ersetzt. Da alle Achsen seitenverschiebbar waren, musste für die Bremse eine besondere Konstruktion erdacht werden. Auf den Enden der mittleren Achse wurde anstelle der Hallschen-Kurbeln eine runde Scheibe mit profilierter Außenseite aufgebaut, die mit insgesamt vier Holzbremsklötzen über eine Spindel im Führerstand abgebremst werden konnte. Auch der Kessel stellte eine Besonderheit dar, denn er wurde als Heißdampfkessel mit einem der damals brandneuen Schmidtschen Kleinrohrüberhitzer ausgerüstet. Durch die Verwendung eines Überhitzers konnte die Leistung der Maschine deutlich gesteigert werden und gleichzeitig der Verbrauch an Kohle und Wasser signifikant verringert werden.
Schon am 14. Februar, zwei Tage nach Vorlage der Projektskizze, bestätigt O&K die Bestellung der Maschine mit Lieferfrist 15. Juli. Auf diesen Tag genau meldet O&K, dass die Lok zu Abnahme bereit stehe. Am 26. August konnte die Lok in Rottbitze durch die Aufsichtsbehörden abgenommen werden und wurde anschließend die wichtigste Lokomotive auf dieser Anschlussbahn der BAG. Darüber hinaus sind auch Einsätze auf dem BAG Anschluss in Eudenberg an der RSE Hanftalbahn Hennef – Asbach nachgewiesen.
Mit der Einstellung des Basaltbruchs Himberg im Jahr 1929 nahm der Verkehr auf der Anschlussbahn rapide ab. Letztmalig ist im Februar 1930 die Abnahme der Lokomotive 7729 in Rottbitze vermerkt.

Foto: Slg J. Hambuch
Neue Heimat am Willscheider Berg
Im Laufe des Jahres 1930 wurde die Lok 7729 auf das Stammnetz der Basalt-AG Linz umgesetzt und war fortan häufig auf der sogenannten „Bergbahn“ am Willscheider Berg nahe Kalenborn anzutreffen. Für den Einsatz erhielt sie auch die markanten Doppelpuffer und wurde zu einem späteren Zeitpunkt außerdem mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet. Es ist anzunehmen, dass die Lok vor allem auf den Hauptstrecken anzutreffen war und den Transport von den Steinbrüchen zu den Verladeanlagen in Kalenborn übernahm. 1960 wurde die Lok schließlich zum letzten Mal hauptuntersucht, ehe sie 1964 schlussendlich aus dem Betriebspark ausschied.




Fotos: Gerhard Moll (†) / Eisenbahnstiftung
Zur Freude zahlreicher Kinder
…wurde Lok 7729 nach ihrer Abstellung zum Spielobjekt. Die Stadt Bonn erwarb die kleine Lok und stellte sie auf dem Spielplatz an den Rigal`schen Wiesen in Bad Godesberg auf. Für viele Kinder dieser Zeit ist es ein Stück Kindheit und auch einige unserer Vereinsmitglieder können sich noch an viele schöne Stunden auf dem „Spielobjekt 7729“ erinnern.
Anfang der 1980er Jahre muss sich der Zustand aber deutliche verschlechtert habe, denn die Dampfbahn Rhein-Main (heute Frankfurter Feldbahnmuseum e.V.) wendete sich 1982 in einem Brief an den Bürgermeister der Stadt Bonn, verwies auf den immer schlechter werdenden Zustand und bat darum, die Lok erwerben zu können, um sie betriebsfähig der Nachwelt zu erhalten. Im Antwortschreiben aus dem Frühjahr 1982 sagte die Stadt Bonn hierzu, dass der aktuelle Zustand der Lok keinen erfreulichen Anblick biete und sie das Interesse der Eisenbahnfreunde verstehen könne. Die Stadt wäre allerdings nicht an einem Verkauf interessiert und wolle diese „beliebte Attraktion“ erhalten. Aus diesem Grund wäre eine gründliche Instandsetzung vorgesehen, die in Kürze in Angriff genommen werden solle.
Dies erfolgte auch, wie die Bilder von Carsten Gussmann aus dem Juli 1985 belegen.



Fotos: Carsten Gussmann
Dennoch verschlechterte sich der Zustand weiter. Ende der 90er Jahre stiegen die Anforderungen der Versicherungen für sichere Spielgeräte immer weiter an, so dass viele Gemeinden die Policen für die in den Augen der Versicherungen „gefährlichen“ Spielplatzlokomotiven nicht mehr bezahlen konnten. Überall verschwanden die beliebten Spielplatzlokomotiven. Während einige Lokomotiven eingezäunt und als Denkmal aufgestellt wurde, fielen Maschinen dem Schneidbrenner zum Opfer. Lok 7729 konnte diesem Schicksal Gott sei Dank entgehen.
Neue Heimat in Nippes
1990 konnte das Rheinische Industriebahnmuseum (RIM) die Lokomotive für seine Sammlung erwerben. Nachdem die Lok noch einige Zeit auf einem Grundstück in Hangelar stand und dort eine frische Lackierung erhalten hatte, konnte die Lok 1991 ins ehemalige Bw Köln Nippes verbracht werden, dem Domizil des RIM. Hier stand sie zunächst auf einem Flachwagen in der Haupthalle, ehe sie später in einen Ausstellungsraum umzog. Als „Basaltine“ bezeichnet repräsentierte sie hier bis zur Schließung des Museums im Jahr 2018 die Basaltbahnen der Region.






Zurück in die Heimat
Bereits seit der Gründung des Asbacher Museums im Jahr 2000 gab es Bemühungen, die 7729 für die eigene Sammlung zu erwerben. Nach der Schließung des RIM und der ungewissen Zukunft am Standort in Köln Nippes stießen unsere erneuten Bemühungen um die Maschine 2024 unerwartet auf fruchtbaren Boden. Nach einigen Verhandlungen konnten wir die Lok Mitte 2024 erwerben und in Köln mit den Transportvorbereitungen beginnen. Da die Lok auf ihren eigenen Rädern durch einen engen Wanddurchbruch in die Haupthalle gebracht werden musste, wurde das Gestänge komplett demontiert, der Schlot abgebaut und die die Lok rollfähig gemacht.




Mit Kettenzügen konnte die Lok dann auf provisorischem Gleis in die Richthalle gezogen werden. Mithilfe der Hebebockanlage wurde die Lok dann auf regelspurige Hilfsdrehgestelle verladen und auf diesen aus der Halle gefahren. Die Firma Hack Schwerlastservice aus Windhagen übernahm wie gewohnt den Transport in die neue Heimat. Am 1. August 2025 wurde die Lok in Köln aufgeladen und bedingt durch eine kurzfriste Autobahnsperrung auf der A4 zunächst auf das Firmengelände in Windhagen verbracht.





Am 2. August erreichte die Lok schlussendlich den Museumsbahnhof Asbach.








Wie geht es weiter?
Die Lokomotive ist sowohl aufgrund ihrer kompakten Größe und ihrer Leistungsfähigkeit von 140 PS als auch aus geschichtlicher Sicht als Bindeglied zwischen RSE und BAG prädestiniert für den Einsatz in unserem Museumsbetrieb. Aus diesem Grund streben wir eine betriebsfähige Aufarbeitung der Lokomotive an, wofür aktuell ein Konzept für die umfangreiche Aufarbeitung des C-Kupplers erarbeitet wird. Es ist angedacht, die Maschine nach Abschluss der betriebsfähigen Aufarbeitung der V13 zu zerlegen und für die bevorstehende Aufarbeitung umfangreich zu befunden.
Technische Daten:
| Hertseller | Orenstein und Koppel, Berlin |
| Fabriknummer | 7729 |
| Baujahr | 1914 |
| Achsfolge | Ch2t |
| Leistung | 140 PS |
| Rostfläche | 0,9 m² |
| Kesseldruck | 13 atü |
| Geschwindigkeit | ≈ 20 km/h |
| Länge | 6080 mm |
| Breite | 1980 mm |
| Höhe | 3090 mm |
| Dienstgewicht | 19,2 t |
