1937 fasste die Betriebsleitung der BAG den Entschluss, den überalternden Lokomotivpark mit einer leistungsfähigen Neubaulok für Linzer Talbahn, die verschiedene Steinbrüche rund um Linz mit den Verladeanlagen am Rhein und der Zentralwerkstatt Sternerhütte verband, zu modernisieren. Die Streckenverhältnisse waren anspruchsvoll, im Linzer Stadtgebiet mit Steigungen, engen Radien (19 m!) und schmalem Lichtraumprofil in einem Tunnel. Rund 100 Tonnen sollten noch mit 12-15 km/h bergauf befördert werden. Die Ausschreibung für eine „150 – 200 PS Kleinbahn-Dampflokomotive“ ging an vier Hersteller: Henschel, Jung, Krupp und O&K. In den Antwortschreiben wurden drei- bzw. vierfach gekuppelte Lokomotiven angeboten, teils mit Heißdampf. Die Preisspanne bewegte sich zwischen 26.000 und 42.000 Reichsmark. Das Angebot von Krupp war das teuerste und wurde nicht weiter verfolgt. Die anderen Hersteller optimierten ihre Angebote, Jung machte schließlich das Rennen.
Aber auch der Siegerentwurf einer vierfach gekuppelten Heißdampflok mit zwei Klien-Lindner-Hohlachsen vorn und hinten im Außenrahmen bedurfte noch einiger Änderungen, bis die Ingenieure der BAG zufrieden waren. Schließlich einigte man sich auf eine Nassdampflok mit Innenrahmen, deren vordere Achse nicht wie üblich mit Stangen von Rad zu Rad, sondern mittels mittig auf den Achsen sitzenden Zahnrädern nach der Bauart Luttermöller angetrieben wurde. Das passte Jung zwar nicht, weil dafür eine Patentzahlung an O&K zu leisten war, aber man wollte ja den Auftrag ausführen. Die dritte Achse erhielt eine Seitenverschiebung nach Gölsdorf, die Leistung betrug 185 PS, der Kesseldruck 13 bar. Am 25.10.1937 erfolgte die Bestellung, den Kaufpreis hatte man auf 29.000 RM ausgehandelt, abzgl. 2% Skonto. Es wurde sofort mit dem Bau begonnen, aber schnell zeigten sich Probleme bei der Materialbeschaffung. Die Vorbereitungen für den Krieg liefen auf vollen Touren, Metalle wurden bewirtschaftet und mussten für jedes Projekt genehmigt werden. An eine Feuerbüchse aus Kupfer war im vornhinein nicht zu denken, es wurde Stahl mit all seinen Nachteilen verwendet. Die wachsenden Probleme verzögerten die Fertigstellung bis zum April 1939, als die neue Lok endlich ausgeliefert werden konnte.
Anfangs befriedigte die Maschine nicht in Hinsicht auf die Dampferzeugung, aber das bekam man mit Hilfe von Jung in den Griff. Während der Kriegs- und Nachkriegszeit konnten nicht alle notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden, weshalb die Maschine 1948 einer umfassenden Reparatur bei der Firma Radau in Düsseldorf bedurfte. 1950 erfolgte eine Anfrage der BAG bei Jung für eine baugleiche Lok, aber eine Beschaffung unterblieb. 1953 spendierte die BAG der Lok noch eine neue Feuerbüchse aus Kupfer inklusive komplettem Rohrsatz. Diese Arbeiten führte der Hersteller im Jungenthaler Werk durch. 1960 erfolgte die Umsetzung der Lok zur Betriebsabteilung Willscheider Berg, wo sie bis zur vorläufigen Abstellung im Jahr 1968 als eine der letzten Dampfloks in Betrieb stand. 1975 wurde sie endgültig beim zuständigen TÜV in Koblenz abgemeldet und somit dauerhaft aus dem Betriebspark genommen.
Sie stand noch einige Jahre an der Werkstatt Sternerhütte in Linz als Denkmal, bis sie 1981 nach Hennef transportiert wurde. Mit frischem Lack versehen erfolgte am 1.7.1981 die Aufstellung in Stoßdorf. Die Lok sollte im Betriebshof der Rhein-Sieg Verkehrsgesellschaft (RSVG), welche den Busbetrieb der Rhein-Sieg Eisenbahn übernommen hatte, an die Wurzeln des Unternehmens erinnern.
Im Jahr 2019 konnten wir die Maschine nach Jahrelangen Bemühungen übernehmen.
Aufgrund des Organisatorischen Aufwands eines solchen Transportes und der beginnenden Corona Kriese konnte sich die Lok aber erst am 12. Februar 2021 auf den Weg in die neue Heimat machen.
Die Maschine ist gegenwärtig in unserer Werkstatt hinterstellt. Eine rollfähige und optische Aufarbeitung ist geplant. Allerdings ist dies mit großem personellen und auch finanziellem Aufwand verbunden, sodass diese erst nach dem Abschluss der Aufarbeitung unserer Diesellok V13 erfolgen kann.
Bitte beachten Sie:
Die Dampflok ist aktuell in unserer Werkstatt hinterstellt und deshalb an den regulären Öffnungstagen nicht zugänglich! Die Werkstatt wird in der Regel am des Tag des offenen Denkmals für interessierte Besucher geöffnet.
Technische Daten:
Hertseller | Jung |
Fabriknummer | 8301 |
Baujahr | 1939 |
Achsfolge | Dn2t |
Leistung | 185 PS |
Rostfläche | 0,9 m² |
Kesseldruck | 13 atü |
Geschwindigkeit | ≈ 20 km/h |
Länge | 7270 mm |
Breite | 1980 mm |
Höhe | 3090 mm |
Dienstgewicht | 26 t |