Für die Wehrmacht gebaut
Aufgrund der geplanten Transportleistungen auf den Heeresfeldbahnen der Wehrmacht beauftragte das Oberkommando des Heeres (OKH) Ende 1938 die Hersteller Borsig, Krauss-Maffei, Orenstein & Koppel und Jung mit der Konstruktion einer fünfachsigen und ca. 200 PS starken Nassdampflok mit Zusatztender. Wie auch schon bei den vorherigen Konstruktionen für das OKH, lieferte jeder Hersteller einen Prototyp an die im Heereswaffenamt (HWA) für „Pionier- und Eisenbahnpioniere“ zuständige Abteilung WaPrüf5 in Sperenberg bei Berlin, wo die Maschinen durch das HWA ab September 1939 erprobt wurden.
Dabei überzeugte die ca. 230 PS starke Borsig-Konstruktion mit ihren Klien-Lindner-Hohlachsen offenbar am besten und das OKH beschloss 1940 den Bau einer Kleinserie von fünf Lokomotiven dieser Bauart. Da sich Borsig mittlerweile aus dem Bau von Lokomotiven für das Heereswaffenamt zurückgezogen hatte, übergab man die Konstruktion an die renommierte Firma Henschel & Sohn in Kassel.
Aufgrund der drängenderen Lieferungen für die Reichsbahn sowie den immer größer werdenden Materialengpässen verzögerte sich der Bau der fünf Maschinen immer weiter, sodass die Maschinen erst im Jahre 1944 fertig gestellt werden konnten. Die Lokomotiven wurden mit den Fabriknummern 26462-26466 an die Heeresfeldbahnen übergeben und dort als HF 24 751 bis HF 24 755 in den Bestand eingereiht. Nach heutigen Erkenntnissen gelangten die Lokomotiven nicht mehr in den Kriegseinsatz und mindestens drei dieser Lokomotiven erlebten das Kriegsende auf einem Lagerplatz der Heeresfeldbahnen auf dem Nürnberger Märzfeld unweit des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes.
Ein neues Leben auf der Jagsttalbahn
Einige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, im August 1948, besichtigte ein Vertreter der Deutschen Eisenbahn-Betriebsgesellschaft (DEBG) die abgestellten Maschinen auf dem Nürnberger Märzfeld. Er war auf der Suche nach Verstärkung bzw. Ersatz für die im Krieg stark heruntergewirtschafteten Lokomotiven der Jagsttalbahn. Noch im selben Jahr erwarb die DEBG von der Staatlichen Erfassungsgesellschaft für öffentliches Gut (STEG), welche die ehemaligen Wehrmachtsbestände verwaltete, die neuwertigen Dampfloks Henschel 26462 und 26466. Die Maschinen wurden anschließend zurück in ihr Herstellerwerk in Kassel transportiert, wo die beiden Lokomotiven an die Betriebsbedingungen im Jagsttal angepasst wurden. Es erfolgte der Einbau fehlender Armaturenteile, die Anpassung der Zug- und Stoßvorrichtung und der Einbau einer Knorr-Druckluftbremse, welches auch das Kürzen der seitlichen Wasserkästen zum Einbau einer zweistufigen Luftpumpe und der Hauptluftbehälter erforderte. Nach der Abnahme konnte die DEBG am 7. Juni 1949 zwei nahezu neuwertige Dampfloks mit der Betriebsnummer 151 und 152 in Dienst stellen. Gemeinsam mit der Lok 24″ (Henschel 20993/1929) übernahmen die beiden ehemaligen Heeresfeldbahnloks nahezu den gesamten Zugdienst auf der Jagsttalbahn.
Besonders während der Rübenkampagne übernahmen sie die schweren Rollbockzüge, welche nicht selten den Einsatz beider Maschinen vor einem Zug erforderte.
Am 25.1.1954 erlitt die Lok 151 einen Kurbelbruch an der rechten Triebachse und obwohl dieser Schaden reparabel gewesen wäre, entschloss man sich, die Maschine abzustellen und sie als Ersatzteilspender für die noch im Einsatz befindliche 152 zu nutzen.
Mit dem Eintreffen der ersten beiden von der Rhein-Sieg Eisenbahn erworbenen Triebwagen im Jahr 1959 begann die Verdieselung der Jagsttalbahn und die verbliebenen Dampfloks 24″ und 152 kamen nur noch bei hohem Verkehrsaufkommen zum Einsatz.
Die beiden neuen Dieselloks V22.01 und V22.02 machten schließlich im Jahre 1965 den Einsatz der beiden Dampfloks überflüssig. Am 24. Oktober 1965 zog die Lok 152 einen Abschieds-Dampfzug durch das schöne Jagsttal, der aus dem Personenwagen 67 und den ehemaligen Trieb- und Beiwagen der Rhein-Sieg Eisenbahn gebildet war. Am 6. November wurde sie ausgemustert und im Bahnhof Dörzbach abgestellt.
Foto: Helmut Röth, Quelle: Eisenbahnstiftung Joachim Schmidt
Die Reise nach Viernheim
Zur selben Zeit begann die neu gegründete Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte (DGEG) mit dem Aufbau einer Schmalspursammlung, die einen repräsentativen Querschnitt durch die vielfältigen Fahrzeuge der Deutschen Schmalspurbahnen beinhalten sollte. Im Rahmen dieses Grundprogramms erwarb man unter anderem auch die Dampflok 53 im Jahre 1968 von der in der Stilllegung befindlichen Rhein-Sieg Eisenbahn.
Als die DGEG 1971 mit dem Aufbau eines Museumsverkehrs auf der Jagsttalbahn begann, wurden die Aktiven auf die abgestellte Dampflok 152 aufmerksam. Die DGEG erwarb die Lokomotive am 7. Mai 1974 für ihre Schmalspursammlung und konnte eine weitere Lücke in ihrer umfangreichen Sammlung schließen. Am 1. Juli 1976 wurde die Lokomotive in das neu gegründete Rhein-Neckar-Eisenbahnmuseum in Viernheim transportiert, wo die DGEG fortan ihre Schmalspursammlung ausstellte.
Nächster Halt Ingolstadt
Nach der Auflösung des Museums in Viernheim Anfang der 1990er Jahre wurde es wieder ungewiss um die Zukunft der Lokomotive. Die DGEG hatte keinen geeigneten Platz für die Lokomotive und so wurde die Maschine in mehreren Depots der DGEG eingelagert und wartete auf eine neue Verwendung. 1997 trat schließlich Walter Seidensticker auf den Plan. Der bekannte Hemdenfabrikant aus Bielefeld hatte ein großes Interesse an den Fahrzeugen der Heeresfeldbahnen und hatte sich im Laufe der Jahre eine beachtliche Sammlung an Fahrzeugen aufgebaut. Unter ihnen war auch die Dampflok „Aquarius C“, bei welcher es sich um den 1939 von Borsig gelieferten Prototypen unserer Lok 152 handelt. Walter Seidensticker erwarb schließlich die Dampflok 152 im Jahre 1997 und stellte sie in einem Depot des Bayerischen Armeemuseums in Ingolstadt ab. Hier stand die Maschine nun vor Wind und Wetter geschützt und geriet nach dem Tod Walter Seidenstickers am 6. April 2015 zunehmend in Vergessenheit. Der Tender kam zur Dampfkleinbahn Mühlenstroth in der Nähe von Gütersloh, wo ein Großteil von Walter Seidenstickers Sammlung untergestellt war.
Neue Eigentümer und eine neue Heimat in Asbach
Im Jahr 2018 begannen einige junge Eisenbahnfreunde mit Recherchen rund um die fast vergessene Lokomotive. Nach etlichen E-Mails und Telefonaten mit der Familie Seidensticker und dem Bayerischen Armeemuseum konnte die Maschine am Osterwochenende 2019 erstmals besichtigt werden. Dutzende Gespräche und E-Mails später konnte im Dezember 2019 schließlich der Kaufvertrag unterzeichnet werden und die Lok ging nun in die Hände einer privaten Eigentümergemeinschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die historisch wertvolle und einzigartige Maschine wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bedingt durch die aufkommende Corona-Pandemie dauerte es allerdings noch bis ins Frühjahr 2021, ehe in Ingolstadt mit den Transportvorbereitungen begonnen werden konnte.
Am 15. Juli 2021 wurde die Maschine in Ingolstadt auf einen Tieflader der Spedition Treffler verladen und erreichte am nächsten Morgen unser Museum in Asbach.
Der Standort Asbach ist natürlich auch nicht zufällig gewählt worden. Hauptausschlaggebend war, dass die Eigentümer seit vielen Jahren aktive Mitglieder unseres Museums sind und somit gute Kontakte zwischen Museum und Eigentümern vorhanden sind. Außerdem gibt es viele Berührungspunkte zur Rhein-Sieg Eisenbahn, wie zum Beispiel den gemeinsamen Einsatz der 152 mit den ehemaligen RSE Trieb- und Beiwagen auf der Jagsttalbahn sowie die gemeinsame Ausstellung der Dampflok 53 und der 152 „Wasserkasten an Wasserkasten“ im Museum in Viernheim.
Da die 152 äußerlich in einem überwiegend guten Zustand ist, wird sie vorerst nicht aufgearbeitet, sondern in ihrem Auffindungszustand konserviert. Dennoch werden laufend fehlende Bauteile und kleine Details rund um die Maschine ergänzt, damit sich die Dampflok bald wieder in ihrem typischen Erscheinungsbild der Jagsttalbahn präsentieren kann.
Im Jahr 2022 konnte die Eigentümergemeinschaft auch den originalen Schlepptender von der Dampfkleinbahn Mühlenstroth erwerben. Dieser erreichte am 2. September 2022 schließlich unser Museum. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse und den geplanten Gleisbauarbeiten wurde der Tender vorerst neben der Werkstatt abgestellt. Das Aufgleisen und Zusammenführen mit der Lok wird somit erst nach dem Abschluss der Gleisbauarbeiten erfolgen.
Technische Daten:
Hersteller | Henschel & Sohn |
Fabriknummer | 26466 |
Baujahr | 1944 |
Achsfolge | En2t (+ 2T6) |
Leistung | 210 PS |
Rostfläche | 1,5 m² |
Kesseldruck | 12 Bar |
Geschwindigkeit | 30 km/h |
Länge | 7760 mm (mit Tender 12208 mm) |
Breite | 2360 mm |
Höhe | 2900 mm |
Dienstgewicht (Lok und Tender) | 40,7 t |