Triebwagen T2

Die Modernisierung der Personenverkehrs
In den 1930er Jahren versuchten die finanzschwachen Kleinbahnen, den zurückgehenden Personenverkehr durch den Einsatz von Triebwagen zu rationalisieren. Auch die Rhein-Sieg Eisenbahn beschaffte 1934 einen ersten Triebwagen von der Waggonfabrik Wismar. Der als T1 bezeichnete Triebwagen bewährte sich gut, sodass in Wismar bald ein Folgeauftrag einging.


Am 3. Juni 1938 lieferte die Wagonfabrik Wismar einen weiteren Triebwagen unter der Fabriknummer 21103 aus. Als RSE T2 wurde der hochmoderne Triebwagen in Dienst gestellt. Er verfügte anfangs über einen Daimler-Benz-Dieselmotor mit 95 PS. Wie schon der T1 erstrahlte er im damals weit verbreiteten dunkelroten Lack mit beigem Fensterband.

Stolz posieren die Auszubildenen der Hennefer Hauptwerkstatt vor dem neuen Triebwagen.

Wegen des kriegsbedingten Treibstoffmangels erhielt er 1942 eine Anthrazit-Gasgeneratoranlage und zusätzlich eine elektropneumatische Vielfachsteuerung, später dann noch einen grünen Tarnanstrich. Im weiteren Verlauf des Krieges wurde der Treibstoff immer weiter rationiert, sodass die wertvollen Triebwagen außer Betrieb genommen und schließlich im Steinbruch Bennau-Berg vor den Fliegerangriffen der Alliierten versteckt wurden.

Farbgebung im Wandel der Zeit

1938-1943: Um sich vom üblichen, lokbespannten Personenzug abzuheben wählte man für die modernen Diesel-triebwagen eine rot-beige Farbgebung.
1943-1949: Um im zweiten Weltkrieg die neuen Triebwagen möglichst gut vor Fliegerangriffen zu schützen, wurden sie komplett in dunkelgrün lackiert und in bewaldeten Gebieten abgestellt.
1950-1959: Der allgemeine Aufschwung sollte sich auch in den Fahrzeugen widerspiegeln. Aus diesem Grund wählte man die ungewöhnlich moderne Farbgebung in blau-weiß für den verbliebenen Triebwagenverkehr.

Nach dem Krieg wurden der Generator und die Vielfachsteuerung wieder ausgebaut, die grüne Farbe blieb vorerst noch. Ab Januar 1947 stand er dem Plandienst wieder zur Verfügung, nun mit einem 130 PS Humboldt-Deutz-Motor. Die Laufleistungen lagen zwischen 40.000 und 90.000 km jährlich. Anlässlich einer Hauptuntersuchung im Juni 1950 bekam der T2 eine neue Lackierung in Blau mit hellbeigem Fensterband. Nach Einstellung des regulären Schienenpersonenverkehrs der RSE am 31.07.1956, kam er zusammen mit den anderen Triebwagen nur noch für Sonderzüge anlässlich der Großkirmes Pützchens Markt zum Einsatz.


Ein zweites Leben bei der Jagsttalbahn
Im Jahr 1958 trat schließlich die Deutsche-Eisenbahn-Betriebsgesellschaft (DEBG) auf den Plan. Für ihre 39 km lange 750 mm Schmalspurbahn von Möckmühl nach Dörzbach war man auf der Suche nach gebrauchten Dieseltriebfahrzeugen, um in verkehrsschwachen Zeiten den kostenintensiven Betrieb mit Dampflokomotiven zu rationalisieren. Die Geschäftsführung der DEBG wurde auf die in Hennef abgestellten Triebwagen aufmerksam und erwarb im Mai 1958 zunächst den T5 und erprobte ihn nach einem Umbau auf der Jagsttalbahn.
Da die ersten Erfahrungen mit dem neuen Fahrzeug mehr als zufriedenstellen waren, wurde im März 1959 auch der T2 von der DEBG erworben und wurde ins AW Bodenwerder-Linse überfuhrt. Neben der Umspurung auf 750 mm Spurweite wurde die Kupplungen der bereits abgestellten Dampflok 151 angebaut. Da der Triebwagen als Schlepptriebwagen im Güterverkehr genutzt werden sollte, wurden die Sitze ausgebaut und an einem Ende große Schiebetüren eingebaut, um den Triebwagen zum Transport von Stückgut nutzen zu können. Mit einer neuen, dunkelroten Lackierung wurde der nun als VT 301 bezeichnete Triebwagen am 26. Oktober 1959 in Möckmühl abgeladen. Nach der erfolgten Abnahme wurde er ab November 1959 im Güterverkehr auf der Jagsttalbahn eingesetzt.

In den ersten Jahren ein typischer Anblick: VT 300 (T5) und VT 301 (T2) bespannen einen schweren Rollbockzug und passieren das Kloster Schöntal.

Im Herbst 1965 erwarb die Jagsttalbahn schließlich zwei neue Diesellokomotiven V22.01 und V22.02, die am diesem Zeitpunkt die Hauptlast im Güterverkehr auf der Jagsttalbahn übernahmen. Die noch verbliebenen Dampfloks (darunter auch unser Dampflok 152) wurden ausgemustert und die Triebwagen wurden zu Reservefahrzeugen.
Doch nur ein Jahr später gab es wieder eine Verwendung für die Triebwagen. Ab Dezember 1966 wurde ein Schülerverkehr auf der Jagsttalbahn eingerichtet. Im Juli 1967 erhielt der VT 301 wieder eine Bestuhlung, die aus einem alten Personenwagen und einem ausgemusterten Omnibus stammte, und war fortan im Schülerverkehr eingesetzt.

VT 301 neben einer der neuen Gmeinder Dieselloks im Dörzbacher Lokschuppen.
Quelle: Jagsttalbahnfreunde e.V. , Foto: Gerald Gunzenhäuser

Am 1. Dezember 1970 wurde der VT 301 schließlich mit Ablauf der Untersuchungsfristen in Dörzbach abgestellt. Der Triebwagen VT 300 und der mittlerweile erworbene Triebwagen VT 303 reichten für den Schülerverkehr vollkommen aus und so entschloss man sich dazu, den Triebwagen 301 zu einem Beiwagen umzubauen. In diesem Zug wurden bis Mai 1971 die Antriebsanlage ausgebaut, die Antriebsachsen durch normale Laufradsätze, aus dem zwischenzeitlich verschrotteten VT 302 (ex RSE T4), ersetzt und die Spitzenlichter zurückgebaut.
Unter der neuen Bezeichnung VB 403 wurde er am 21. Mai 1971 wieder in Dienst gestellt und erlebte mit den beiden anderen Beiwagen, VB 400 (ex RSE TA 5) und VB 401 (ex RSE TA 5), auch den aufkommenden Museumsbetrieb im Jagsttal.

Doch im September 1988 endete die Idylle im Jagsttal schlagartig. Eine Entgleisung bei Widdern führte zu einer umfangreichen Untersuchung. In diesem Zusammenhang wurden schwere Mängel am Oberbau der Strecke festgestellt, sodass die Strecke zum 23. Dezember 1988 vorübergehend gesperrt wurde. Die Schäden am Oberbau waren so gravierend, dass die geplante Wiederinbetriebnahme nicht zustande kam und die Jagsttalbahn in einen langen Dornröschenschlaf verfiel.

Im Jahr 1991 war der VB 403 zwischen den Beiwagen VB 401 (links) und VB 400 (rechts) am Bahnsteig in Dörzbach abgestellt.

Mit den beginnenden Arbeiten der Jagsttalbahnfreunde e.V. im Bahnhof Dörzbach wurden die drei Beiwagen in den Bahnhof Bieringen umgesetzt und stehen dort mit vielen anderen Fahrzeugen unter freiem Himmel abgestellt.

Ein trauriger Anblick bietet sich im Sommer 2012 im Bahnhof Bieringen.

Zurück in die alte Heimat
Im Jahr 2016 konnten wir nach langen Verhandlungen den T2 als ältestes erhaltene Fahrzeug der RSE erwerben. Am 26.11. 2016 erreichte der Triebwagen auf einem Tieflader der Firma Hack unser Museum und wurde neben dem Güterschuppen auf unsere Museumsgleise gesetzt.

Da in unserem Lokschuppen leider kein Platz für das wertvolle Fahrzeug war, wurde der Triebwagen draußen unter einer Plane abgestellt. Leider fiel der im Freien stehende Triebwagen im Laufe der Jahre mehrfach Vandalismus zum Opfer, sodass dringend eine andere Lösung gefunden werden musste.

Nach dem Erwerb der Dampflok 8301 konnten wir die Werkstatt gegenüber des Empfangsgebäudes erschließen, sodass der Triebwagen seit dem 13. Februar 2021 nach vielen Jahren wieder ein Dach über dem Kopf hat.

Wie geht es weiter?
Aktuell wird die umfangreiche Aufarbeitung des Fahrzeugs geplant. Dafür wurde bereits mit der Begutachtung des Fahrzeugs begonnen und mit der Beschaffung von fehlenden Bauteilen (wie beispielsweise den charakteristischen Albert-Kupplungen) begonnen.
Voraussichtlich werden wir, nach dem Abschluss der betriebsfähigen Aufarbeitung unserer Diesellok V13, mit den Arbeiten am Triebwagen beginnen.


Bitte beachten Sie:

Der Triebwagen ist aktuell in unserer Werkstatt hinterstellt und deshalb an den regulären Öffnungstagen nicht zugänglich! Die Werkstatt wird in der Regel am des Tag des offenen Denkmals für interessierte Besucher geöffnet.

Technische Daten:

HerstellerWagonfabrik Wismar
Fabriknummer21103
Baujahr1938
MotorMercedes Benz Om67,
später Deutz A6M517
Motorleistung95 PS, später 130 PS
Getriebe DGG Mylius dw
Geschwindigkeit55 km/h
Länge11840 mm
Breite2100 mm
Höhe3075 mm
Dienstgewicht12 t
Sitzpläte24