Güterwagen O2mm 1294

Gebaut für das Sauerland
Die frühe Geschichte dieses Fahrzeuges ist bis heute unbekannt. Sicher ist, dass der Wagen in seiner heutigen Form in der Werkstatt der Kleinbahn Steinhelle-Medebach im Sauerland entstand. Die 1902 eröffnete 750 mm Schmalspurbahn erschloss auf einer sehr steigungsreichen, 36 km langen Strecke den heutigen Hochsauerlandkreis.
Im Jahre 1934 baute man dort einen vierachsigen Rungenwagen aus einem nicht bekannten OO-Wagen um. Am 19. Juli 1934 wurde der Wagen schließlich abgenommen und ab sofort als R 294 bezeichnet.
Meistens wurde er zum Transport von Grubenholz eingesetzt.
Mit der Stilllegung der reizvollen Strecke im Jahr 1953 wurden die verbliebenen Fahrzeuge an die Deutsche Erz- und Metall-Union GmbH in Salzgitter verkauft. Eigentlich waren die Fahrzeuge zum verschrotten vorgesehen, doch für einige der Güterwagen gab es Interessenten.


Neue Heimat bei der Zillertalbahn
Über den Zwischenhändler M. Grass gelangte der Wagen 1956 zur Zillertalbahn in Tirol. Die Hauptwerkstatt in Jenbach spurte den Wagen auf 760 mm Spurweite um, versah ihn mit einer Hardy- Saugluftbremse und baute ihn zu einem offenen Güterwagen mit hohen Bordwänden um. Der nun als Ol 204 bezeichnete Wagen wurde fortan für vielfältige Transportaufgaben, beispielsweise dem Transport von Kohle und Stroh, eingesetzt.

In den 1970er Jahren steht der damals als Ol 204 im Bahnhof Jenbach und wartet auf neue Aufgaben.

Mit dem Rückgang des Schmalspur-Güterverkehrs in den 1990er Jahren suchte man nach einer neuen Verwendung für den Wagen. 1996 baute die Werkstatt in Jenbach den Wagen zu einem Sommerwagen für die immer populärer werdenden Museumszüge um. An den Stirnseiten wurden Übergänge zu den benachbarten Personenwagen geschaffen, ein Geländer wurde angebaut und in der Mitte wurden zwei lange Bänke eingebaut. Der als B4 46 bezeichnete Wagen fuhr von nun an zuverlässig, und zur großen Freude der Fahrgäste, in den Museumszügen der Zillertalbahn.

Im Jahr 2020 liefen schließlich die Untersuchungsfristen ab. Da mittlerweile modernere Aussichtswagen vorhanden waren, wurde der Wagen mehreren befreundeten Museumsbahnen zum Kauf angeboten.
Auch wir bekamen damals ein Angebot, doch zur damaligen Zeit war für den gut erhaltenen Wagen weder Platz und noch Geld vorhanden. Zudem war unser Museum damals noch weit von der heutigen Größe entfernt, und auf den kleinen Gleisanlagen gab es keine sinnvolle Einsatzmöglichkeit für einen solch großen Wagen.


Zurück in die alte Heimat
Die Märkische Museumseisenbahn (MME) in Hüinghausen kaufte schließlich den Wagen und transportierte ihn im März 2021 wieder ins Sauerland. Die MME hat es sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der zahlreichen Schmalspurbahnen im Sauerland zu erhalten und originale Fahrzeuge auf ihrer Museumsstrecke von Hüinghausen nach Köbinghauser Hammer im Betrieb zu zeigen.
Mit dem Wagen der ehemaligen Kleinbahn Steinhelle- Medebach konnte ein weiteres interessantes Fahrzeug der Sauerländer Schmalspurbahnen den Fuhrpark ergänzen. Es war geplant, den Wagen auf 1000 mm umzuspuren, mit einer Druckluftbremse auszustatten und anschließend wieder als Rungenwagen in den Museumszügen einzusetzen.

Doch nach eingehender Begutachtung wurde klar, dass dieses Unterfangen einem Neubau gleicht und mit großem Aufwand und hohen Kosten verbunden ist. Aufgrund anderer laufender Projekte mit höherer Priorität, wurde die Aufarbeitung vorerst zurückgestellt und der Wagen auf Hilfsdrehgestellen im Bahnhof Hüinghausen abgestellt.


Auf Umwegen nach Asbach
Da wir bereits seit einigen Jahren freundschaftliche Kontakte zur MME pflegen, hatten wir bereits 2021 Interesse an den 760 mm Drehgestellen angemeldet, falls diese im Rahmen der Umspurung getauscht werden müssen. Als wir im November 2022 zu Besuch im Sauerland waren, wurden wir gefragt, ob wir auch Interesse am gesamten Wagen hätten. Auch wenn der Wagen geschichtlich gut in die Sammlung der MME passt, war der Aufwand für die Umspurung nicht vertretbar.
Da unser Museum mittlerweile stetig wuchs und auch unser Gleisbau sich im Jahr 2023 gut entwickelte, ergaben sich viele nützliche Einsatzmöglichkeiten für den Wagen, sowohl bei weiteren Gleisbauarbeiten in den kommenden Jahren, als auch zum Lagern von Bauteilen.
Ende 2023 wurde schließlich ein Kaufvertrag zwischen der MME und unserem Museum geschlossen. Da wir aber zu diesem Zeitpunkt noch mitten in den Bauarbeiten unserer neuen Gleisanlagen steckten, hatten wir keinen Meter freies Gleis für den Wagen. Aus diesem Grund erfolgte der Transport nach Asbach erst im am 8. Juni 2024.

Was ist nun für den Wagen geplant?
Der Wagen soll bei uns als Bau- und Lagerwagen genutzt werden. Er ist also kein Teil unseres eigentlichen Museumsfuhrparks, sondern, ähnlich wie die Loren, ein Arbeitsfahrzeug. Der Wagen wird auf 785 mm umgespurt und mit passender Zug- und Stoßeinrichtung ausgerüstet. Dennoch soll der Wagen optisch an die Stirnwandwagen der Abbauzüge angeglichen werden und auch äußerlich als RSE Wagen hergerichtet werden. Somit ist der Wagen für seine zukünftigen Aufgaben als Arbeitsfahrzeug universell einsatzbar. Dennoch kann der Wagen auch in einem Schaugüterzug eingesetzt werden und fügt sich stimmig ins Gesamtbild ein, auch wenn die RSE nie vierachsige Flachwagen hatte.
In Anlehnung an seine Betriebsnummer bei der Kleinbahn Steinhelle- Medebach (R 294) wird der Wagen bei uns als RSE O2mm 1294 in den Fuhrpark eingereiht.


Technische Daten:

Herstellerunbekannt
Fabriknummerunbekannt
Baujahrvor 1934
Länge11220 mm
Breite2120 mm
Höhe1885 mm
Gesamt-Achsstand8230 mm
Drehgestellachsstand1250 mm
Dienstgewicht9,6 t
Tragfähigkeit20 t