Fünf Jahrzehnte sind die jüngsten Ereignisse rund um die Thematik der ältesten öffentlichen Schmalspureisenbahn Deutschlands her. Fünf Jahrzehnte, in denen die Bahntrasse in Straßen, Wegen und Feldern aufging. Fünf Jahrzehnte, in denen die meisten Gebäude abgerissen und fast alle Fahrzeuge verschrottet wurden. Immerhin: Die Trassen der beiden Westerwaldstrecken sind auf weiten Teilen noch zu erkennen. Von Eudenberg bis Asbach kann man sogar fast durchgehend auf ihr wandern. Und auch das Direktionsgebäude in Beuel und die Empfangsgebäude von Beuel, Niederpleis und Oberpleis zeugen noch von der Eisenbahn, ebenso wie einige Agenturgebäude, etwa in Benroth und Rossenbach. Vielerorts wurde erkannt, wie wenig von der Bahn übrig ist. Zahlreiche Denkmäler entstanden im Laufe der Jahre entlang der alten Trasse. Zum zentralen Treffpunkt ist aber das Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn in Asbach (Westerwald) geworden. Hierher kommen ehemalige Eisenbahner ebenso wie andere Interessierte, schauen sich die Ausstellung an, beobachten das Rangieren der originalen RSE-Fahrzeuge und bringen ihre Erinnerungen zum Erzählen mit.
Der Gründung des Asbacher Museums ging die Schließung des Schmalspurmuseums der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte (DGEG) in Viernheim bei Heidelberg voraus.
Dieses Museum war 1968 von der DGEG mit dem Konzept gegründet worden, jeweils ein Exemplar aller besonderen Gattungen und Bauarten der Schmalspurfahrzeuge zu erhalten. Als Vertreterin der modernen Schmalspurlokomotiven war die Lok III (Bj. 1951) der Brohltalbahn im Grundprogramm vorgesehen, doch die Vertreter der DGEG kamen nur um wenige Wochen zu spät: Die noch junge Lok III war bereits verschrottet worden. Zum Glücke unseres Museums, denn andernfalls hätte sich die DGEG nicht für die sieben Jahre ältere Lok 53 der RSE interessiert. Damit wäre ihr das Schicksal der Brohltalbahn-Maschine widerfahren und ein RSE-Museum hätte es ohne Lok 53 womöglich nie gegeben!
Doch die Geschichte von Lok 53 sollte ein glücklicheres Ende nehmen. Nach einem Irrweg über verschiedene Abstellplätze wurde sie 1998 von Wolfgang Clößner erworben. Er ließ die Lok in der Bahnwerkstatt MaLoWa in Benndorf rollfähig aufarbeiten und suchte einen geeigneten Aufstellort. Er bekam Kontakt zur Ortsgemeinde Asbach, einst Endpunkt der Hanftalstrecke, die eine sinnvolle Verwendung für das nahezu vollständig erhaltene Bahnhofsesemble suchte. Hier residierte bisher der Gemeinde-Bauhof, der aber in moderne Gebäude umziehen sollte. Schnell wurden sich Wolfgang Clößner und die Gemeindevertreter einig, ein Eisenbahnmuseum zu errichten. Träger des Museums ist die Ortsgemeinde. Der Lokschuppen wurde saniert, und mit Hilfe anderer Museumsbahner wurden erste Gleise verlegt.
Für Rangierarbeiten erwarb Carsten Gussmann 2001 eine betriesfähige Diesellok mit 60 PS Leistung, unsere heutige V6, hergestellt vom VEB Lokomotivbau Karl Marx in Potsdam-Babelsberg. Die Lok entstand in der gleichen Werkhalle, in der einst die O&K-Dampfloks der RSE gefertigt wurden. Auch sie wurde bei der MaLoWa aufgearbeitet und hierbei an die 785mm-Spurweite angepasst.
Auf einer Reise zu polnischen Zuckerrübenbahnen entdeckten die Museumsgründer Güterwagen, die den Om-Wagen der RSE sehr ähnelten. In einer aufwändigen Aktion wurden 2002 zwei Stück der über einhundert Jahre alten Wagen für das Museum gekauft und wieder in einen ansehnlichen Zustand versetzt. Als nächstes Exponat folgte 2008 ein Rollwagen der Zillertalbahn, der große Ähnlichkeit mit entsprechenden Wagen der RSE hat. Zusammen mit einem 2016 erworbenen Rollbock der Jagsttalbahn kann den Museumsbesuchern der Transport von Regelspurwagen auf Schmalspurwagen anschaulich erläutert werden. Zwischenzeitlich erwarb die Ortsgemeinde das in privater Hand stehende Bahnhofsgebäude und integrierte es nach einer Sanierung in das Museumsgelände. Im Erdgeschoss befindet sich eine Ausstellung zur Geschichte der Bahn mit Fotos, Dokumenten und Originalteilen. Eine personenbefördernde Gartenbahn (5 Zoll-Eisenbahn) mit Echtdampfbetrieb begeistert nicht nur jugendliche Besucher.
Durch den unglücklichen Umstand eines Getriebeschadens musterte die Zillertalbahn ihre Diesellok D11 aus, die ehemalige V13 der RSE. Sie konnte 2013 zum Schrottpreis erworben werden und kam nach einer äußerlichen Aufarbeitung durch die Zillertalbahn-Werkstatt wieder in den RSE-Farben nach Asbach. Hier wird die Lok mit vielen Einzelteilen wieder in den Originalzustand zurückversetzt, sie soll wieder betriebsfähig aufgearbeitet werden.
Die jüngste Original-Erwerbung ist seit 2016 das älteste noch existierende Fahrzeug der RSE, der Triebwagen T2. Er wurde 1938 von der Waggonfabrik Wismar gebaut und stand bis 1988 auf der Jagsttalbahn im Betrieb, zuletzt als antriebsloser Beiwagen. Die lange Abstellzeit hat deutlich an der Substanz gezehrt, die aufwändige Aufarbeitung steht derzeit in den Startlöchern.
Mit der Schenkung der BAG Lok 8301 (eine ebenfalls 785mm-spurige Dampflokomotive mit Luttermöller- Antrieb) durch die RSVG-Betriebsleitung, stieß im Jahre 2019 das erste Fahrzeug der Basalt AG Linz (Rhein) in unsere stetig wachsende Sammlung hinzu (die Basalt AG Linz war zu späterem Zeitpunkt der Mutterkonzern der eigentlichen RSE). Es sollte jedoch zwei weitere Jahre andauern, ehe diese einmalige Lokomotive unser Museum erreichte. Mittlerweile wurde die ehemalige Schmiede gegenüber des Bahnhofgebäudes, inzwischen als Bauhofhalle der Ortsgemeinde genutzt, freigeräumt und in unser Museumsareal integriert. Zusätzlich wurden zwei 785mm-Gleise hinein verlegt, die hölzernen Tore nach historischer Aufnahme rekonstruiert und somit die Anfänge einer museumseigenen Werkstatt gelegt. Grund für den Beginn dieser arbeitsintensiven Aktion (das alles unter Schutzmaßnahmen der Covid 19-Pandemie) war der baldige Transport von Lok 8301.
Am 12. Februar 2021 erreichte diese den Asbacher Bahnhof. Nun sollte sie, wie auch an diesem Wochenende unsere Lok V13 und der Triebwagen T2, in die neu hergerichtete Werkstatt einziehen. Ein Anschluss der Werkstatt zu den vorhandenen Gleisanlagen ist bereits in Planung.
Im Juli 2021 erreichte uns recht unerwartet ein weiterer Zuwachs: Die Rede ist von der SWEG Dampflokomotive 152, welche einst mit diversen ehemaligen RSE-Fahrzeugen auf der Jagsttalbahn ihren Dienst verrichtete. Alleine die Tatsache, dass Lok 152 zusammen mit unserem Triebwagen T2 zusammen im Dienst stand und zusammen mit unserer Lok 53 im ehemaligen DGEG-Schmalspurmuseum in Viernheim ,,Wasserkasten an Wasserkasten“ (also nebeneinander) stand, macht diese in Deutschland einmalige Lokomotive zu einem für uns interessanten Ausstellungsstück.
Für die Zukunft ist die nahezu vollständige Rekonstruktion der Gleisanlagen im Bahnhof Asbach vorgesehen. Auch wir wollen über den Horizont hinausblicken können. Erste grobe Planungen sind bereits in der Mache und können unter dem Projekt-Unterpunkt Gleisbau eingesehen werden. Somit wird sich der zukünftige Gleisbau in zwei Etappen aufteilen. Doch wir wollen ebenso einen Schritt vorausdenken, und zukünftig die neu in das Museums-Konzept mit eingebundene Werkstatt (ehem. Schmiede) an das Gleisnetz anbinden.
Wie Sie sehen, hat sich in 20 Jahren Museumsgeschichte so einiges getan. Wir Aktiven des Museums sind heilfroh und vor allem dankbar um die damaligen Bemühungen unseres Initiators Wolfgang Clössner. Ohne ihn und den Kauf der Lok 53 hätte es das Museum mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit gar nicht erst bilden können. Rund um die Thematik der Rhein-Sieg Eisenbahn wären an unterschiedlichsten Stellen wohl kaum so viele Erkenntnisse erlangt werden können und das eine oder andere Original-Fahrzeug mittlerweile verschrottet worden.
Für die Zukunft unseres Museums wünschen wir uns von daher stets nur das Beste!
Stand: Sommer 2022